Zündstoffe #6: Landschaft/Feuerpause

Auf unserem Blog zu Gast: Studentinnen des Instituts für Kunstgeschichte von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg schreiben über die Ausstellung “Almut Linde: Radical Beauty”.

Almut Linde DM #52.2
Almut Linde: Dirty Minimal #52.2 − Landschaft/Feuerpause/Landscape/Cease − Fire, 2 Light−Jet−Prints, 2008

Eine Ebene mit trockenem Gras und entlaubten Bäumen. Es ist Herbst. Die Sonne scheint durch eine bewegte Wolkendecke, ein Wetterumschwung scheint jederzeit möglich. Die Person im Vordergrund wendet uns den Rücken zu und blickt in das Gelände hinaus. Das Bild erinnert an Caspar David Friedrichs Mönch am Meer (1808−10): auch hier ein Mensch in wolkenverhangener Landschaft, der Blick geht in die Ferne. Die Komposition ist horizontal gegliedert. Eine meditative Stimmungslage. Dabei entstand das Gemälde in einer Epoche dramatischer gesellschaftlicher Umwälzungen vor Ausbruch der Befreiungskriege gegen Napoleon (1813−1815).

Wie setzt nun Almut Linde ihre Zentralfigur in Szene? Ganz im Gegensatz zu Caspar David Friedrich unterläuft sie die melancholische Stimmung der Landschaft und erzeugt Irritation. Der Mann ist ein Soldat im Kampfanzug, seine starre Haltung lässt nicht vermuten, dass er in entspannter Betrachtung von Natur versunken ist. Die farbliche Harmonie seiner Kleidung mit der Umgebung beruht auf militärischer Funktionalität: Tarnung! Der Titel des Bildes gibt Aufschluss: Feuerpause. Ein willkürlich konstruierter Moment, Ausnahmezustand in einem alles andere als romantischen Kontext. Dem Soldaten wurde die Landschaftsbetrachtung befohlen. Die scheinbare Ruhe des Bildaufbaus wird in Kontrast gesetzt zum Auftrag der Bundeswehr in einer Situation des Umbruchs.

Autorin: Chiara Seidl begann 2009 Kunstgeschichte im Hauptfach und Klassische Archäologie im Nebenfach an der Universität Wien zu studieren. Nach einem Studienjahr an der Universität Rom und dem Abschluss des Bachelors in Wien schloss sie 2013 den Masterstudiengang Kunstgeschichte mit Schwerpunkt Museumsarbeit an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg an.

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