Mit unserer letzten Vorschaukerze für 2019 verabschieden wir uns in die Feiertage und wünschen euch an dieser Stelle ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins kommende Jahr. Doch bevor es so weit ist, stellen wir euch natürlich noch die beiden Künstler*innen vor, die mit Farb- und Filmeffekten dafür sorgen werden, dass auch 2019 keine herbstliche Trübsal aufkommen wird. Beginnen wir mit dem Erdgeschoss:
Grace Weaver (*1989 in Vermont, USA) zählt zu einer jungen Generation von Künstler*innen, der die figurative Malerei ihren neuesten kreativen Schub verdankt. Weavers großformatige Ölgemälde beleben nicht nur die Tradition des Genrebildes neu, sie lassen sich darüber hinaus als eine betont weibliche Positionierung in diesem Medium lesen, das lange allein vom Typus des männlichen Künstlers und seiner Sichtweise dominiert wurde.
Ihren sorgfältig komponierten Szenen auf Leinwand geht stets ein intensiver Arbeitsprozess aus Studien und Vorzeichnungen voraus. Die Gemälde selbst entführen in eine Welt, deren jugendliche Bewohner*innen Zeitgenossen der Künstlerin sind und für deren Bezeichnung häufig Schlagworte wie diese zu hören sind: Millenials, Generation Y, digital natives. Die Figuren bevölkern urbane Räume, sie sitzen beim Frisör, liegen am Strand, joggen durch Parks. Sie beugen sich über Laptops und Handydisplays und trinken Cocktails und Coffee to go. Einkaufen, chatten, sich Schminken und Fotografieren sind wiederkehrende Aktivitäten der Männer und vor allem Frauen, die in Weavers Bildern auftauchen. Ihre Gliedmaßen wirken comicartig weich und elastisch, die Körperformen kurvig manieriert, die Gesichtszüge meist entspannt. Verbindendes Merkmal der Darstellungen sind ihre Flächigkeit, die die Dreidimensionalität des Raumes nur andeutet oder ganz auf sie verzichtet und die Farbpalette, die von Bonbon- bis Erdtönen reicht, Primärfarben aber meidet.
Grace Weaver ist eine aufmerksame Beobachterin gegenwärtiger Entwicklungen und Trends in vielen Bereichen der Gesellschaft. Ihre Malerei weist sowohl Bezüge zu Mode und Popkultur auf, aber in ihr spiegeln sich auch psychologische Aspekte des heutigen Lebens wider: soziales Unbehagen, Work-Life-Balance, Langeweile und Selbstoptimierung sind hier die Stichworte, zwischen denen ihre Charaktere hin- und herzupendeln scheinen. Ihre Inspiration findet Weaver in Werken der Fauvisten und Nabis, aber auch die indische Kalighat-Malerei des 19. Jahrhunderts und vor allem Werke des US-amerikanischen Malers Alex Katz sind Vorbilder für sie. Farben und Linien in ihren Gemälden zeugen von großer visueller Hingabe ihrem Sujet gegenüber. Die Bilder scheinen danach zu verlangen, von den Augen aufgesogen zu werden wie zuckersüßes Softeis und behalten doch stets eine unbestimmbare Note für sich zurück. Ganz so wie die Personen, die sich in ihren Bildern oft intensiv beäugen oder deren Blicke sich in den Bildschirmen vor ihnen verlieren, ohne dass man ihre Gedanken lesen könnte.
Zur gleichen Zeit wird es im Untergeschoss spannend mit Gerrit-Frohne Brinkmanns performativen Installationen. In seinen Werken traf man bisher beispielsweise auf Plüsch-Papageien, die auf Stangen sitzend den ganzen Raum füllen und Worte plappern, mit denen ihre früheren Besitzer sie bespielt haben (Dirty Parrots, 2018). Oder auf steinzeitlich nackte Männer aus Kunststoff, die wie im naturkundlichen Museum auf einer Plattform arrangiert sind, die alle Viertelstunde ein Erdbeben simuliert (Paleo Quake, 2017). Für eine Serie hat er Museums-Mammuts so fotografiert als wären es lebende Tiere (Mammuthus primigenius, 2018) und für eine Rauminstallation Mumien aus Theaterfundussen und Filmrequisiten-Lagern ausgeliehen (Not all mummies are wrapped like in the movies, 2016).
Gerrit Frohne-Brinkmann (*1990 in Friesoythe) schafft konzeptuelle Kunstwerke, die viele Fragen stellen (z.B. wie wir uns als Menschen unsere Umwelt aneignen und wie wir sie gestalten) – und die zugleich auch sehr viel Spaß machen.
Frohne-Brinkmann, der bei Andreas Slominski und Ceal Floyer an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg studierte, arbeitet in den Medien Installation und Film, Performance und Fotografie. In seinen Arbeiten spielt er pointiert mit dem Mangel an Unterscheidbarkeit von High und Low, von Zaubershow und Museumsbesuch, von (natur-)wissenschaftlicher Wissensvermittlung und Unterhaltung. Dadurch hinterfragt er auch das Museum als Institution und damit seine eigene Rolle als Künstler. Als Untersuchungsgegenstand bleibt der Mensch im Zentrum, der in der Gegenwart zum Konsumenten seines eigenen Lebens geworden ist.
In den bisherigen Einzelpräsentationen des Künstlers, (mit denen er u.a. Preise wie den Art Cologne Award for New Positions oder den Follow Fluxus grant des Nassauischen
Kunstvereins gewann) wurde jeweils nur eine einzige Installation gezeigt. Im Kunstpalais findet Ende 2019 nun seine erste große Einzelausstellung statt – und die führt uns (vielleicht) über die Höhlen der Fränkischen Schweiz direkt nach Las Vegas. Aber wir werden sehen – und sind gemeinsam mit Euch schon sehr gespannt und vorfreudig!
Bis nächstes Jahr im Kunstpalais!